Yamaha Bläserklasse
Interview mit Manfred Frank, Leiter der Yamaha Academy of Music und Bundesjugendreferent Mag. Hans Brunner, Teilnehmer der Yamaha Academy of Music
Das Thema „Yamaha Bläserklasse“ ist ein viel Diskutiertes. In den deutschsprachigen Ländern und den Beneluxstaaten gibt es mittlerweile schon 1200 solcher Projekte. Die Umsetzung der „Bläserklasse“ war vier Tage lang Thema bei der Yamaha Sommerakademie, die in Gmunden (Oberösterreich) stattfand. Stefanie Unterrieder im Interview mit Bundesjugendreferent Hans Brunner (Teilnehmer) und Manfred Frank (Leiter der Yamaha Sommerakademie).
INTERVIEW mit Manfred Frank, Leiter der Yamaha Academy of Music
„Was war Inhalt der Yamaha Sommerakademie?“
„Die Seminarinhalte erstrecken sich von Grundlagen des Instrumentalunterrichts, Erwerb von Grundkompetenzen auf den Bläserklassen-Instrumenten, Methodentraining, didaktische Tipps, Training in der systematischen Anwendung des Unterrichtswerkes, Aufbau von Lerneinheiten bis hin zu Grundlagen des Projektmanagements von Bläserklassen. Dabei handelt es sich um Überzeugungsstrategien von Entscheidungsträgern bis hin zu Finanzierungsmodellen. Alle Aspekte der Planung, des Aufbaus und der langfristig erfolgreichen Leitung von Bläserklassen wurden erarbeitet.“
„Wie viele Teilnehmer gab es heuer?“
„Es waren 25 Teilnehmer. Vertreten waren Instrumentallehrer aus Musikschulen, Lehrer aus Volksschulen, Hauptschulen und Gymnasien sowie Funktionäre aus Blasmusikvereinen.“
„Welche pädagogischen Aspekte hat die Bläserklasse?“
„Die Aspekte der Bläserklasse sind sehr umfangreich, hier ein kleiner Auszug: Alle Kinder, unabhängig von finanziellen Möglichkeiten, Herkunft und Religion haben die Möglichkeit, ein Instrument zu erlernen. Der Unterricht findet im Regelunterricht statt – somit ist es keine zusätzliche „Belastung“ der Eltern, die Kinder am Nachmittag in die Schule zu bringen. Kinder lernen im Klassenverband. Das motiviert nicht nur zum Üben, sondern ist auch für die Klassengemeinschaft und für die soziale Komponente von großem Vorteil. Die Kinder sind es von Anfang an gewohnt, aufeinander zu hören.“
„Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Bläserklasse und Musikverein sowie Musikschule funktionieren?“
„Damit eine Bläserklasse funktioniert und erfolgreich umgesetzt werden kann, benötigt jedes Projekt die Spezialisten der Musikschulen und Musikvereine. Es muss gewährleistet sein, dass genau am Beginn des Erlernens kein Fehler beim Schüler gemacht wird. Wir legen ganz besonderen Wert auf ein gutes Fundament in Bezug auf Ansatz, Atmung und Haltung. Diese Basis kann nur der Instrumentalpädagoge einer Musikschule vermitteln. Der Schüler muss nach dem Unterricht in der Bläserklasse nahtlos an den Unterricht eines Instrumentallehrers anknüpfen können. Jede Bläserklasse ist nur so gut, wie der Lehrer, der vor der Klasse steht. Wir begrüßen daher eine parallele Ausbildung der Schüler in einer Musikschule, da die Erfolgskurve der Bläserklasse in diesem Fall umso steiler verläuft.“
„70 Prozent der Kinder, die eine Bläserklasse besuchen, bleiben dem Musikzieren treu und gehen weiter in die Musikschule bzw. Musikverein.“
„Welche Chancen ergeben sich durch die Bläserklasse für Musikvereine und Musikschulen?“
„Hier gibt es ganz klare Ergebnisse. Der Nachwuchs für die Musikschule und speziell den Musikverein wird durch die symphonische Besetzung der Bläserklasse in allen Registern gesichert. 70 Prozent der Kinder, die eine Bläserklasse besucht haben, bleiben dem Musizieren treu und gehen weiter in die Musikschule beziehungsweise in den Musikverein. Weiters sind die Schüler einer Bläserklasse das gemeinsame Musizieren im Orchesterverband gewohnt. Sie sind somit wirkliche Stützen eines Jugendblasorchesters.“
"Vielen Dank für das Interview!“
INTERVIEW mit Hans Brunner, Bundesjugendreferent und Teilnehmer der Yamaha Sommerakademie
„Was war deine Motivation, an der Yamaha Sommerakademie teilzunehmen?“
„Einerseits unterrichte ich in einer Musikschule und arbeite dabei auch schon viele Jahre mit der Volksschule meines Heimatortes zusammen, wo ich seit Jahren auch Kapellmeister bin. Da entstand nun die Idee diese Zusammenarbeit zu einer Bläserklasse auszubauen. Andererseits bin ich als Bundesjugendreferent ständig auf der Suche nach neuen Kooperationen. Für mich ist es wichtig, dass Vereine und Musikschulen mit Bläserklassen zusammenarbeiten.“
„Wieso sollten Musikvereine und –schulen mit Bläserklassen zusammenarbeiten?“
„Die Ganztagsschule könnte bisher von den Vereinen ehrenamtlich abgedeckte Aktivitäten in die Schulen verlagern. Ich prognostiziere, dass (Ganztags-)schulen aus Kostengründen verstärkt fakultative musische und kulturelle Angebote zum Einsatz bringen werden, zum Beispiel Band, Bläserklasse, Chor, etc., die nach amerikanischen oder skandinavischen Mustern im Kurssystem (also ohne speziellen instrumentalen Fachunterricht, sondern Unterricht nur im Orchesterverband) durchgeführt werden. Dies könnte einerseits zu einer Verbreiterung des Angebotes führen, andererseits droht aber die Gefahr der massiven Qualitätseinbuße. Darum ist es wichtig, dass Vereine und Musikschulen mit dem allgemeinen Schulsystem kooperieren und für den Instrumentalbereich Qualitätsvorgaben einbringen.“
„Was passiert, wenn Musikvereine dieses Problem vernachlässigen?“
„Wenn junge Menschen zweimal wöchentlich in einer solchen Bläserklasse oder in einem Schulorchester spielen, werden sie sich fragen, wieso sie am Freitagabend noch in einem Musikverein mitwirken sollten, der zirka das gleiche Angebot beinhaltet. Wenn Musik allzu sehr „verschult“ wird, könnte ihr das gleiche Schicksal drohen wie dem Zirkel in dem Fach „Geometrisches Zeichnen“: Es wird auf der Querflöte maturiert und nach der Matura wird sie weggelegt. Hier sind die Vereine gefordert: Sie müssen für Kinder und Jugendliche attraktiv sein. Die Verbände sollten koordinierend aktiv werden und den Schülern weiterführende Möglichkeiten bekannt machen beziehungsweise diese anbieten.“
„In manchen urbanen Zentren werden die Kinder nach Absolvierung der Bläserklasse nicht weiter betreut und hören auf zu musizieren.“
„Wie funktioniert die Zusammenarbeit bisher?“
„Nicht überall gleich gut: Zum Beispiel existiert in urbanen Zentren das Problem, dass die Absolventen der Bläserklasse nicht weiter betreut werden und aufhören zu musizieren. Zum Beispiel gibt es in Wien viel zu wenig Musikschulen, mit denen man kooperieren könnte und darüber hinaus können Instrumentallehrer wegen dienstrechtlicher Probleme an den Schulen kaum eingestellt werden. Wo die handelnden Personen mit den verschiedenen Institutionen gut harmonieren, können bürokratische Hürden aber meist umschifft werden und es klappt wunderbar.
„Wie sieht für dich die Optimalform einer Bläserklasse aus?“
„Alle Kinder besuchen zusätzlich zur Bläserklasse die Musikschule. Es gibt jedoch verschiedenste Möglichkeiten, wie man eine Bläserklasse organisieren kann. Die Schüler sollten integriert in den Orchesterunterricht regelmäßig von je einem Instrumentallehrer für Flöte, Klarinette/Saxophon, hohes und tiefes Blech betreut werden. Wichtig ist, dass die verschiedenen Formen kommuniziert werden und jeder das Modell Bläserklasse für sich optimal nützt.“
„Vielen Dank für das Interview!“